Anarchistischer Monatsrückblick Dezember 2018

Rückblick auf die zurückliegenden vier Wochen aus anarchistischer Perspektive. Ohne jeden Anspruch auf Vollständigkeit. Lieber zu viele Links als keine. Wenn nichts anderes dabei steht, sind die verlinkten Texte auf deutsch.

Einige adjektivlose Anarchist*innen

Die vergangenen vier Wochen:

Argentinien

Im Alter von 91 Jahren ist der – nach Eigenbeschreibung –  „ultra-pazifistische Anarchist“ Osvaldo Bayer gestorben [The Base | Wikipedia (beide: englisch) | taz].

BRD

Die Föderation deutschsprachiger Anarchist*innen (FdA) hat die Dezember-Ausgabe der Gaidao herausgebracht, mit den Themen: Widerstand gegen den Ausbau des Frankfurter Flughafens, feministische Sticker „Down with kitchen slavery“ des Kollektiv.26, sowie Artikel zu Konsensfetisch, Generalstreik und Gewalt.

Gaidao Nummer 96 herunterladen, bestellen, online lesen oder abonnieren: [FdA-IFA]

Das Anarchistische Radio Berlin hat seinen neuen libertären Podcast veröffentlicht. Ein ernster und satirischer Blick auf Ereignisse des letzten Monats aus libertärer Perspektive. Themen sind in dieser Sendung: Berlin: Syndikat bleibt! Ein Update. Berlin: Liebig34 – dem anarchafeministischen Hausprojekt droht das Ende. Hamburg: Der Kongress „Anarchistische Perspektiven auf Wissenschaft“. Make Rojava Green Again.

Den Podcast anhören oder herunterladen: [ARadio]

Der Umsonstladen Villa Galgenberg und die autonome Nähgruppe waren mit einem gemeinsamen Stand beim diesjährigen Winternachtsmarkt in der Alten Seegrasspinnerei in Nürtingen. Es gab viel Interesse an dem Stand und an dem Projekt Umsonstladen allgemein. Mit interessierten Standbesuchern wurden Gespräche geführt, wie eine Gesellschaft ohne Geld aussehen könnte, in der alle geben, was sie können und nehmen, was sie brauchen. [Umsonstladen]

#35C3: Beim 35. Chaos Communication Congress in Leipzig war auch das anarchistische IT Kollektiv dabei [IT Kollektiv].

Griechenland

„The riot is over“ – unter diesem Titel wurde ein Kommentar veröffentlicht anlässlich des 10. Jahrestages der Ermordung des 15-jährigen Alexis Grigolopoulus durch einen Bullen in Athen. [copyriot]

Fotos und Bericht über eine Gedenk-Demo in Athen am Todestag von Alexis: [Unicorn riot (englisch)]

Österreich

Das Anarchist Black Cross Wien hat Bruchstellen # 41 veröffentlicht, ein monatlicher Newsletter. Themen sind dieses Mal: Berlin – Revolte in der JVA Tegel im SothA von einem
beteiligten Gefangenen. UK – Sven van Hasselt: Brief und Statement zu seiner Adresse. Italien – “Operation Panico”: Bericht der Anhörung am 08. November. USA – Jeremy Hammond ist in Isohaft verlegt worden. Argentinien – Buenos Aires: anarchistische Gefährtin bei Bombenanschlag verletzt – mehrere Festnahmen. Indonesien – Yogyakarta: Solidaritätsbanner mit Russlands Anarchist*innen,  Antifaschist*innen und Mikhail. Wien: 2.Prozesstag eines Gefährten bez. schwerer Sachbeschädigung: Freispruch! Spanien – Über die beiden verhafteten Anarchist*innen in Madrid.

Download von Bruchstellen # 41 als PDF:  [ABC-Wien]

Spanien

Die Räumung des selbstverwalteten besetzten Wohnprojekt La Ilusión konnte vorerst verhindert werden, berichtet die Anarchistische Föderation Gran Canaria auf ihrer Seite. [Anarquistas GC (1) | Anarquistas GC (2) (beide: spanisch)]. Außerdem wurde in der letzten bislang ungenutzte Wohnung in La Ilusión eine Mutter mit drei Kindern untergebracht, die bislang in einem Werkzeugraum lebte. Gemeinsam machten sich alle Bewohnerinnen und Bewohner an die Instandsetzung. Fotos und Berichte: [FAGC (1) | FAGC (2) (beide: spanisch)].

Das leerstehende Gebäude war im Juli 2017 von Menschen in prekären Lebenssituationen besetzt und auf den Namen La Ilusión getauft worden. Ein Artikel vom August 2017: [Bodenfrost]

Lola Gutiérrez, Gewerkschafterin der anarchosyndikalistischen CGT, wurde zu 17 Monaten Haft verurteilt, weil sie einem Geflüchteten helfen wollte, zu seiner Mutter zu kommen [Junge Welt].

Historische Jahrestage:

Zum Auffrischen der Erinnerung – der Anarchistische Monatsrückblick vom Dezember 2017 [Bodenfrost] und vom Dezember 2016: [Bodenfrost]

Im Dezember 1987 erscheint die Nullnummer von „Rojo y negro“, die Zeitung der anarchosyndikalistischen Gewerkschaft CGT [CGT Cantabria (spanisch)].

Am 6. Dezember 2008 wird der 15-jährige Alexandros Grigoropoulos im Athener Stadtteil Exarchia von Bullen ermordet. Die Antwort darauf sind riots, nicht nur in Athen und nicht nur in Griechenland. [Wikipedia | Athens Live gr (englisch)]

Am 9. Dezember 1842 wird Peter Kropotkin geboren. Er entwickelte die Ideen des kommunistischen Anarchismus. Zeit seines Lebens versuchte er den Anarchismus wissenschaftlich zu begründen. Mit seinen Thesen zur „Gegenseitigen Hilfe“ lieferte er eine wichtige Ergänzung zu Darwin. Seine Beerdigung 1921 war mit zehntausenden Teilnehmerinnen und Teilnehmern eine der letzten anarchistischen Großveranstaltungen der Sowjetunion [Anarchismus.at | Wikipedia].

Hinlänglich bekannt ist der „kurze Sommer der Anarchie“ 1936. Weitaus weniger bekannt sind hingegen die Aufstände, die ihm vorausgingen. Die revolutionäre Gymnastik, die nötig war, um ihn möglich zu machen. Im Dezember 1933 finden in Spanien anarchistische Aufstände statt. Den Anfang bildet Zaragoza, weitere Ortschaften in Aragón und La Rioja schließen sich an. In vielen Orten in diesen Regionen wird der libertäre Kommunismus ausgerufen [Ana Resya/Twitter spanisch)]. Weitererzählung ab dem 11. Dezember 1933: [Ana resya/Twitter (spanisch)]

Am 9. Dezember 1933 organisierte die CNT einen revolutionären Streik und ging auf die Straße um den libertären Kommunismus in Spanien aufzurufen [La Bastida 1933/Twitter (spanisch)].
Die Ereignisse dieses Tages in La Bastida im Baskenland werden minutiös auf dem Twitter-Account [La Bastida 1933] rekonstruiert (auf spanisch).

Einen kurzen Text zu den Dezember-Aufständen auf dt. gibt es bei [Wikipedia]

Am 11. Dezember 1958 stirbt der italienische Anarchist Alberto Mesci. Geboren wurde er 1879. Er lebte vier Jahre in Argentinien und schrieb in dieser Zeit für mehrere anarchistische Zeitungen. Nach seiner Ausweisung und Rückkehr nach Italien schrieb er für die Zeitung Il Libertario und war gewerkschaftlich aktiv.

Der erste Weltkrieg spaltete die Unione Sindicale Italiana (USI), die revolutionäre syndikalistische Organisation, an deren Gründung Alberto Meschi beteiligt gewesen war. Die Pro-Kriegs-Minderheit wurde rausgeworfen oder verließ USI im September 1914.

Die faschistische Repression zwang ihn 1922 das Land zu verlassen und er ging nach Frankreich. In Paris wurde er Mitgründer der Antifascist Concentration und der Italienischen Liga der Menschenrechte und er war Mitglied der anarchistischen Gruppe Pietro Gori. Er gründete die Exil-Zeitung La Voce del Profugo und die Zeitschrift Il Momento.

Während des spanischen Bürgerkriegs kämpfte er auf Seiten der Kolonne Roselli gegen die putschenden Faschisten. Nach deren Sieg kehrte er nach Frankreich zurück, wo er in ein Konzentrationslager eingewiesen wurde. Nach seiner Flucht 1943 kehrte er nach Italien zurück. Während seiner letzten 20 Lebenswerke war er beteiligt an der Veröffentlichung von Il Cavatore, ein libertäres Arbeiter-Nachrichtenblatt. [Libcom (englisch)]

Am 12. Dezember 1969 verüben Faschisten einen Bombenanschlag auf der Piazza Fontana in Milano (Italien). Beschuldigt und für Verhöre eingebuchtet werden dafür Anarchisten. Einer von ihnen, Giuseppe Pinelli, wird während seiner Haft von den Bullen ermordet. [Wikipedia(siehe auch 20. Dezember 1969)

Am 16. Dezember 1889 wird Kim Chwa Jin geboren. Bekannt ist er auch als der „Koreanische Machno“ oder unter seinem Pseudonym Baekya. Kim Chaw Jin spielte eine wichtige Rolle bei dem Versuch der Entwicklung des Anarchismus in Korea. Als Anarchisten 1929 eine Rebellengemeinschaft in der Mandschurei in der Provinz Shinmin gründeten, wurde Kim Jwa-jin gewählt, um die Streitkräfte zu führen. 1930 wurde Kim Chaw Jin ermordet. Zusammenfassung seines Lebens: [Wikipedia]

Die Geschichte der koreanischen Anarchisten und der anarchistischen Revolution in der Mandschurei 1929-31: Zabalaza (englisch)]

16. Dezember 2014: Unter dem Namen Operación Pandora setzt eine massive Repressionswelle gegen die anarchistische Bewegung in Spanien ein. Soziale Zentren und Wohnungen in Barcelona und Madrid werden von Bullen überfallen und verwüstet, Genossinnen und Genossen festgenommen und zum Teil für Monate in Untersuchungshaft gesteckt. In zahlreichen Städten in Spanien werden Solidaritäts-Demonstrationen durchgeführt. Allein in Barcelona nehmen tausende Menschen daran teil. Die Solidarität äußert sich auch online, der Hashtag #YoTambiénSoyAnarquista (ich bin auch Anarchist) ist stundenlang unter den trending topics. [Bodenfrost]

Am 19. Dezember 1919 wird Pepita Carpena in Spanien geboren. Sie wurde Mitglied der FIJL (Iberische Föderation der Libertären Jugend), der anarchosyndikalistischen Gewerkschaft CNT und trat später der anarchafeministischen Organisation Mujeres Libres (Freie Frauen) bei. Nach dem Sieg der Faschisten beim spanischen Bürgerkrieg floh sie ins Exil nach Marseille. Dort beteiligte sie sich aktiv am Neuaufbau der anarchistischen Organisationen und Strukturen im Exil. Den Reformisten innerhalb der CNT stellte sie sich entschlossen entgegen. Am 5. Juni 2005 starb Josefa Carpena-Amat, wie sie eigentlich hieß, in Marseille. [Libcom (englisch)]

Am 20. Dezember 1969 findet in Milano, Italien, die Beerdigung von Giuseppe Pinelli statt (siehe auch 12. Dezember 1969). Giuseppe Pinellis Tod diente Dario Fo als Inspiration für sein Theaterstück „Zufälliger Tod eines Anarchisten“. [Wikipedia | Working Class History/Twitter (englisch)]

Am 23. Dezember 1877 wird der italienische Anarchist Luigi Fabbri geboren. Luigi Fabbri war lange Jahre Mitarbeiter der anarchistischen Presse in Europa. Später in Südamerika war er an der Seite von Errico Malatesta Mitherausgeber der Zeitung L’Agitazione. Er half, die Zeitung Università Popolare in Milano herauszugeben. [Wikipedia]

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  1. Anarchistischer Jahresrückblick 2018 | Bodenfrost - 31. Dezember 2018

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